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Mit Prozirkula läuft die Beschaffung rund

Prozirkula ist ein junges Kompetenzzentrum aus Basel, das sich für die Kreislaufwirtschaft im öffentlichen Beschaffungswesen einsetzt. Mit ihrer Expertise unterstützen sie Beschaffungsverantwortliche dabei, zirkuläre Lösungen zu finden und so die Kreislaufwirtschaft in der Beschaffung voranzutreiben.



Miriam und Antonia von Prozirkula, einem Kompetenzzentrum für zirkuläre Beschaffung
Miriam und Antonia von Prozirkula

Miriam – Projektleiterin Kreislauffähige Beschaffung – hat unsere Fragen beantwortet.


Miriam, wer ist Prozirkula und was macht ihr?


Wir sind ein junges Unternehmen, das öffentliche Beschaffungsstellen darin unterstützt, kreislauffähig einzukaufen. Dafür begleiten wir sie bei konkreten Ausschreibungen über alle Branchen hinweg und schulen Einkäufer:innen. Unser Ziel ist es, mittels der Nachfrage das Angebot an kreislauffähigen Lösungen zu stimulieren und die Transformation zur Kreislaufwirtschaft zu beschleunigen.



Wie genau läuft der öffentliche Beschaffungsprozess ab?


Am Anfang steht eine Bedarfsformulierung. Diese wird in eine Ausschreibung übersetzt, die dann publiziert und ausgewertet wird. Unsere Aufgabe ist es, Fragen zu formulieren: Können ausrangierte Produkte um- oder weitergenutzt werden? Könnte ich ein Produkt auch nur mieten statt kaufen? Wollen wir als Bedarfsstelle wissen, was der Anbieter mit den Produkten macht, wenn sie von uns nicht mehr gebraucht werden? Die Antworten darauf fliessen in Form von Kriterien in die Ausschreibung ein. Anschliessend gilt es, die Antworten auf die Ausschreibung zu evaluieren. Diesen Prozess unterstützen wir oftmals wieder mit unserer «Kreislaufwirtschafts-Brille». Auch werden wir in Lieferantengespräche eingebunden, beispielsweise um dem Zuschlagsempfänger die Anforderungen und die Logik hinter den Kreislaufkriterien zu erläutern. Dies soll den Markt schulen und fit für die Kreislaufwirtschaft machen.



Wie kreislauffähig ist die öffentliche Beschaffung in der Schweiz heute? Wo seht ihr die grössten Baustellen?


Die kreislauffähige Beschaffung in der Schweiz steckt aktuell noch in den Kinderschuhen. Seit die rechtlichen Grundlagen für die öffentliche Beschaffung in der Schweiz überarbeitet und am 1. Januar 2021 in Kraft getreten sind, haben Beschaffungsstellen einen grösseren Spielraum in Ausschreibungen: Sie sind aufgefordert, die Qualität vermehrt ins Zentrum zu rücken und ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltig zu beschaffen. Dies bedeutet einen Paradigmenwechsel im Beschaffungswesen: Bisher galt als erfolgreiche:r Einkäufer:in, wer rechtzeitig und möglichst kostengünstig das gewünschte Produkt beschaffen konnte. Nun soll der Einkauf unter anderem auch dazu beitragen, die CO2-Ziele der Organisation zu erreichen und Sozialstandards einzuhalten. Dieser Wandel braucht Unterstützung, auch gerade von der Führung der Organisation.



Wie unterstützt ihr die öffentliche Hand konkret?


Ganz pragmatisch und anwendungsorientiert - hoffen wir zumindest (lacht). Es geht uns um die Umsetzung, denn nur so entsteht Wirkung. Dazu braucht es uns in erster Linie für das «Tüfteln»: Daran, wie eine Idee bestmöglich in ein bewertbares Ausschreibungskriterium übersetzt wird oder wie die Kreislaufwirtschaft-Ambitionen in die Ausschreibung einfliessen können. Darüber hinaus schulen wir Organisationen, manchmal «nur» die Beschaffungseinheit, manchmal aber auch darüber hinaus die Bedarfsträger:innen und das Topmanagement – so findet Sensibilisierung statt. Auch fördern wir das gegenseitige Verständnis und den Austausch zwischen Angebot und Nachfrage, beispielsweise mittels Roundtables. Zusätzlich wollen wir durch die Bereitstellung von Wissen und Best Practices über die Website und unseren Newslettern den Wandel beschleunigen.



Welche sind die grössten Herausforderungen, mit denen ihr regelmässig konfrontiert seid?


Sich eine neue Denkweise anzueignen und Prozesse umzugestalten ist anstrengend und braucht Zeit. Zeit haben wir aber eigentlich kaum noch, um als Gesellschaft auf eine nachhaltige Lebensweise umzustellen. Die Balance, Veränderung einzufordern und gleichzeitig Verständnis für tief verankerte Denkmuster aufzubringen, ist herausfordernd. Zusätzlich sind viele Stakeholder:innen involviert: Bedarfsträger:innen, Beschaffungsverantwortliche, Jurist:innen, Lieferant:innen, etc. – alle mit eigenen Agenden und Vorstellungen. Wir sehen diese strukturellen Herausforderungen, sind aber der Überzeugung, gemeinsam zum Ziel zu kommen. Darum legen wir den Fokus auf das «Anfangen» und bringen Stück für Stück mehr Nachfrage nach kreislauffähigen Lösungen auf den Markt. Dabei kann man klein anfangen, mit zwei, drei Kreislaufkriterien, die zu 20% in den Zuschlagskriterien* gewichtet werden. Oder indem die eigene Ambition im Bereich der Kreislaufwirtschaft kommuniziert und mit den aktuellen und künftigen Lieferant:innen geteilt wird. Jede umgesetzte Massnahme ist eine wertvolle Erfahrung mehr: Für die Beschaffungsstelle und für den anbietenden Markt, der auf diese neuen Anforderungen auch erst reagieren lernen muss.


* Zuschlagskriterien sind die Kann-Kriterien einer öffentlichen Ausschreibung. Das heisst, sie führen bei Nicht-Einhalten nicht zum Ausschluss von Anbietenden, fliessen aber trotzdem in die Bewertung der Angebote mit ein.



Wie definiert ihr Erfolg für euch? Und welche Erfolge konntet ihr bereits feiern?


Erfolg ist für uns, wenn öffentliche Beschaffungsstellen systematisch nach Kreislaufwirtschaft zu fragen beginnen. Dies wird den Markt dahin bewegen, kreislauffähige Lösungen zu entwickeln. Wir durften bereits zahlreiche Ausschreibungen begleiten und zukünftige Einkäufer:innen und Organisationen schulen. Besonders schön ist es, dass wir auch eine Organisation begleiten können, die sich langfristige Kreislaufwirtschaftsziele setzt und KLW in ihre Strategie und die KPIs der Mitarbeitenden integriert. Eine so konsequente Umsetzung ist genial und motiviert uns sehr.



Was sind eure Ziele und Visionen für die Zukunft?


Wir wollen, dass kreislauffähige Beschaffung zum Standard wird. Prozirkula soll es in Zukunft nur noch für ganz komplexe Geschäfte benötigen.



Was war das Lustigste, was euch während des Aufbaus von Prozirkula bzw. im Arbeitsalltag passiert ist?


Lachen gehört zu unserem Arbeitsalltag. Und doch gibt es Momente, die herausstechen. Bspw. wenn wir zu Beginn einer Beschaffungsbegleitung erst mal stutzen: Was ist das genau für ein Beschaffungsgegenstand, den wir hier beschaffen helfen dürfen? Zum Glück gibt es Google! Gleichzeitig ist unsere Neugierde so gross, dass wir auch mal zum Schraubenzieher greifen und ausrangierte Produkte auf Herz und Nieren in Bezug auf ihre Materialität prüfen.



Weitere Informationen zu Prozirkula findet ihr hier.


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