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AutorenbildLaurène Descamps

Ressourcenbudgets als neuer Mechanismus für eine Gesellschaft innerhalb der planetaren Grenzen 



Mit dem Leuchtturmprojekt Ressourcenbudgets wollen wir neue politische Steuerinstrumente für die absolute Begrenzung von Emissionen und des Ressourcenverbrauchs entwickeln und testen. Solche Instrumente sollen politisch mittelfristig salonfähig sein. Im ersten Pilotprojekt davon, dem Planspiel Ernährungssystem Schweiz, erforschen wir Ressourcenbudgets für Phosphor, Stickstoff und Fleisch und damit die möglichen Chancen und Risiken einer Nachhaltigkeits-Transformation für die betroffenen Akteur:innen. Das One Planet Lab leitet dieses Projekt. 


 

Pilotprojekt: RELLNACH - Ein Planspiel zum Schweizer Ernährungssystem


Im Rahmen des Leuchtturmprojekts Ressourcenbudgets beschäftigt sich das One Planet Lab mit der absoluten Begrenzung von Emissionen und des Ressourcenverbrauchs. Dabei betrachten wir innovative Steuerungsinstrumente,  die mittelfristig politisch salonfähig werden könnten. Im ersten Pilotprojekt, dem Planspiel Ernährungssystem Schweiz «RELLNACH», beschäftigen wir uns mit den Ressourcenbudgets für Phosphor, Stickstoff und Fleisch und den damit verbundenen Chancen und Risiken einer Nachhaltigkeitstransformation für die betroffenen Akteur:innen. 

 

RELLNACH ist ein Planspiel zur Simulation des Übergangs vom heutigen IST-Zustand der Schweizer Landwirtschaft und Ernährungsweise hin zu einem planetenverträglichen ZIEL-Zustand. Das Thema wurde im Rahmen eines Testprojekts des One Planet Lab vertieft, mit dem Ziel neue Governance-Mechanismen zu testen. 


Damit die Tragfähigkeit unserer Ökosysteme gewährleistet bleibt, müssen der Konsum von Fleisch sowie der Eintrag von Phosphor und Stickstoff massiv reduziert werden. Dazu braucht es verschiedene, teils neue Steuerungsinstrumente (Governance-Mechanismen), beispielsweise verbindliche Obergrenzen (Ressourcenbudgets). Mit diesem Projekt soll erforscht werden, wie diese Instrumente und ihre Wechselwirkungen im System aussehen könnten und welche Herausforderungen dabei berücksichtigt werden müssen. 

 

Das Schweizer Ernährungssystem 


Das Schweizer Ernährungssystem bietet heute viele Vorteile, darunter eine sichere und kontinuierliche Versorgung mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln zu erschwinglichen Preisen. Es trägt dazu bei, dass niemand Hunger leidet und die meisten Menschen sich ausgewogen ernähren können. Zudem ist es ein bedeutender Wirtschaftszweig mit zahlreichen Arbeitsplätzen und bewahrt das kulturelle Erbe des Essens und Trinkens. Allerdings gibt es auch erhebliche Nachteile. Die Schweiz hat hohe Stickstoff- und Phosphorüberschüsse, die die Umwelt und Ökosysteme belasten. Diese Überschüsse stammen hauptsächlich aus der Landwirtschaft, insbesondere durch den Einsatz grosser Mengen an Mineral- und Hofdüngern. Die Emissionen von Ammoniak und anderen Schadstoffen verursachen erhebliche externe Kosten und beeinträchtigen die Gesundheit und Umwelt. Zudem werden wichtige Ökosystemdienstleistungen vernachlässigt, was zu weiteren Umweltproblemen führt.  


  1. Das Hauptproblem der Nährstoffüberschüsse hängt vor allem mit den hohen Futter- und Düngemittelimporten in die Schweiz zusammen. So werden über diese Kanäle jährlich rund 86‘000 Tonnen Stickstoff und 12‘000 Tonnen Phosphor eingeführt. Es sind die Hauptwege, wie diese Nährstoffe in die Schweiz importiert werden.1 Diese Importe sind nötig, weil die im Inland nachgefragte und produzierte Fleischmenge die Menge, die mit inländischen Produktionsmitteln hergestellt werden kann, deutlich übertrifft. 


  2. Würden das inländische Ackerland primär für den Anbau pflanzlicher Lebensmittel genutzt und gleichzeitig die Tierbestände so weit reduziert, dass sie mit den verbleibenden inländisch verfügbaren Futtermitteln (hauptsächlich aus Industrienebenprodukten, Futtermitteln als Zwischenfrüchte der Fruchtfolge sowie von Naturweiden und -wiesen) ernährt würden, wären die Probleme weitgehend gelöst. Doch dies würde einen grundlegenden Wandel unseres Systems bedeuten. 


Mehr zur wissenschaftlichen Grundlage des Spiels findet man in unserem Wissensblog zum Schweizer Ernährungssystem. 

 

Die Methode des Planspiels 


Die umfassende Veränderung eines etablierten Systems ist zweifellos eine Herausforderung. Dennoch ist es für Akteur:innen im Schweizer Ernährungssystem von Vorteil, sich auf bevorstehende Veränderungen vorzubereiten und die schwierige Transformation aktiv und konstruktiv mitzugestalten. Um dies zu ermöglichen, hat sich das One Planet Lab für die Methode des Planspiels entschieden. Diese Methode, auch als «Policy Exercises» bekannt, bietet spezifische Vorteile. Im Planspiel spricht man nicht nur über die Dinge, sondern schlüpft in verschiedene Akteursrollen und taucht dadurch direkt ins Geschehen ein.  


Das Planspiel wird so zu einer «Modellwelt» für neue Erfahrungen und Erkenntnisse. Alle Akteur:innen können ihr Wissen und ihre Betroffenheit einbringen, um Massnahmen- oder Gesetzespakete zu entwickeln, die die erforderlichen Veränderungen vorantreiben und «gesellschaftlich» breit abgestützt sowie umsetzbar sind. Ein Planspiel abstrahiert die «echte Welt» auf ihre wesentlichen Eigenschaften, wodurch grosse Zusammenhänge sichtbar werden, die im Alltag oft verborgen bleiben. Es vereinfacht und schafft eine Distanz zum Tagesgeschäft, wodurch grundlegende Lösungsmöglichkeiten leichter erkundet werden können. Zuletzt bietet es idealerweise einen sicheren Experimentierraum und erfordert darin im Gegenzug eine Offenheit der Teilnehmenden, sich – mindestens für die Dauer des Planspiels – mit einer offenen Haltung auf Neues einzulassen. 


Planspiel RELLNACH cervelathof

Das Planspiel RELLNACH 


RELLNACH wurde über den Zeitraum von September 2023 bis Oktober 2024 entwickelt und stetig verfeinert. Dazu wurden detaillierte Systemrecherche betrieben, Stakeholder und Expert:innen befragt sowie mehrere Testdurchläufe durchgeführt. Das Planspiel simuliert das Ernährungssystem der Schweiz in vereinfachter, aber qualitativ korrekter Weise. Beispielsweise repräsentieren im Planspiel RELLNACH 16 Ackerfelder das gesamte Schweizer Ackerland. Es beginnt mit dem aktuellen Zustand der Schweiz und hat das Ziel, das Ernährungssystem so zu transformieren, dass es innerhalb der ökologischen Tragfähigkeit operiert. Dies erfordert tiefgreifende Veränderungen, die mit Massnahmen umgesetzt werden können, die dazu führen können, den gewünschten Zielzustand zu erreichen. 


Die Teilnehmenden agieren im Planspiel RELLNACH auf zwei Ebenen. Einerseits verwalten sie einen eigenen Akteursbereich, z. B. den Schweinemastbetrieb Cervelathof, der die gesamte Schweizer Schweinefleischproduktion abbildet. Andererseits haben alle Akteure in der Dorfversammlung gemeinsam gesetzgeberische Kompetenzen und können Massnahmen (Policy-Karten) ausgestalten und umsetzen. Das Planspiel dient so als Kreativraum, in dem neue Transformationsstrategien entwickelt und getestet werden können. Dabei ist es wichtig, dass die Teilnehmenden ihr Wissen und ihre Erfahrungen einbringen und sich auf das gemeinsame Experiment einlassen. 

Nach der Spielphase folgt eine Reflexion, bei der die gefundenen Lösungsideen diskutiert werden, um zu eruieren, wie sie in der realen Welt zur Lösung beitragen könnten. 

 


Planspiel RELLNACH: Erste Durchführung im WWF
Planspiel RELLNACH: Erste Durchführung im WWF

Was ist bisher passiert? 


Seit März 2024 wurde das Planspiel neben mehreren internen Tests bereits dreimal offiziell durchgeführt, zuerst mit Stakeholdern und Expert:innen aus dem Umfeld Landwirtschaft und Ernährung, dann mit der IG Klimagenossenschaft und zuletzt an der Summer-School «Back to Utopia» mit Studierenden aus den Wirtschaftswissenschaften. 

 

Wer sollte beim Planspiel mitmachen?  


Das Spiel eignet sich besonders für Politiker:innen und andere politische Entscheidungsträger:innen, Interessensvertretende und Praktizierende aus dem Bereich Landwirtschaft und Ernährung. Aber auch für Personen, die das komplexe Ernährungssystem gerne besser verstehen und Politikmassahmen für eine Nachhaltigkeitstransformation kennenlernen und austesten möchten, kann das Spiel einen Mehrwert bieten. Ein Planspielworkshop dauert 3 – 4 Stunden, die optimale Teilnehmendenzahl liegt 16 (min. 8, max. 24). 


Hast du Interesse, das Planspiel in deiner Organisation durchzuführen oder möchtest du gerne allein an einer der nächsten Durchführungen teilnehmen? Dann melde dich gerne bei uns. 

 

Kontaktperson 

Leonard Creutzburg, leonard.creutzburg@wwf.ch  

 

Weitere Infos 

Das Planspiel wurde entwickelt in Zusammenarbeit mit:  

Samuel Suter, Junior Projektleiter Ressourcenbudgets, WWF Schweiz 

Ion Karagounis, Verantwortlicher Neue Wirtschaftsmodelle, WWF Schweiz 

Franziska Zoller, Leiterin Innovation & sozio-ökonomischer Wandel, WWF Schweiz 

Markus Ulrich, Planspiel-Entwickler & Gründer, UCS Ulrich Creative Simulations 




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